Virtuelles Amt. E-Governmentwird im täglichen Leben immerpräsenter — und ist in der IT einstark wachsendes Berufsfeld.Talentierten Fachkräftenwinken hohe Jobsicherheit undgesellschaftlicher Nutzen.
Text: Josef Puschitz
Vieles nehmen wir mittlerweile wie selbstverständlich: die flotte Ummel-dung des Wohnsitzes, die Unterschrift am Volksbegehren mit ein paarKlicks oder die Online-Einreichung der Arztrechnung. Die elektronischeAbwicklung von einstmals mühsamen Amtswegen spart Zeit und Nerven.Dahinter stecken aber enormes Know-how und unzählige Arbeitsstundenzahlreicher Spezialisten. E-Government und E-Health zählen zu den hei-kelsten Aufgabenbereichen der IT-Branche – und zu jenen mit rasantwachsenden Jobchancen.
Etwa bei der ITSV. Dort sucht Martin Klima, Bereichsleiter für Softwarebeim IT-Dienstleister der Österreichischen Sozialversicherung, Software-profis „in allen Facetten“: Benötigt werden Businessanalysten, die dieSprache der Fachbereiche verstehen, genauso wie Scrum Master, die sichmit agiler Softwareentwicklung auskennen, sowie Java- und SAP-Ent-wickler. „Menschen zu finden, die in diesen Bereichen wirklich top sind, istgar nicht so einfach. Es geht dabei nicht vordergründig um die techni-schen, sondern auch um die persönlichen Skills – die enge Zusammenar-beit mit den Kunden ist zentral in unserer Arbeit“, sagt Klima.
Zusätzlich zur Softwareentwicklung werden Rechen- und Servicecenterbetrieben. Die der ITSV anvertrauten Daten stammen nicht nur von8,7.Millionen Versicherten und ihren Dienstgebern, sondern auch von20.000 Vertragspartnern der Sozialversicherung wie Ärzten oder Thera-peuten. Generell handelt es sich dabei um hochsensible Daten, die vonSpezialisten für Datensicherheit und Cybersecurity geschützt werden.„Leute mit diesem Hintergrund sind überall gefragt, da wird die Luft sehrschnell dünn“, so Klima.
Das Sicherheitsthema steht beim Bundesrechenzentrum (BRZ) ebenfallsan oberster Stelle. Das Unternehmen steht als Kompetenzzentrum fürDigitalisierung der österreichischen Verwaltung im staatlichen Eigentumund sichert 4.600 Terabyte an Daten. 1.300 Mitarbeiter sind damit be-schäftigt – jeder einzelne von ihnen sieht sich, neben dem eigentlichenJob, auch als Security-Mitarbeiter. „Wir entwickeln sichere Apps und Ser-vices, die acht Millionen Österreichern das Leben erleichtern, und hütenden Datenschatz Österreichs. Das macht uns als Arbeitgeber im IT-Bereicheinzigartig“, sagt Myriam Mokhareghi. Sie ist beim BRZ für die Talentsu-che zuständig und arbeitet seit 2007 für das Unternehmen. „Wir nehmenim Jahr bis zu 100 Berufseinsteiger auf, von denen wir uns eine solideAusbildung und das Interesse am Weiterlernen erwarten. Im Gegenzugdafür gibt es einen innovativen Job.“
Detektive für alle Altersgruppen
Zu bieten hat das BRZ aber auch Arbeitsplätze am Puls des technischenFortschritts. In der Softwareentwicklung stellt es größtenteils Produktefür die Bundesministerien her, finanzonline.at und oesterreich.gv.at zäh-len zu den Flaggschiffen. „Wir arbeiten laufend an spannenden, neuenTechnologien und müssen uns Gedanken machen, wie Aufgabenstellun-gen zum ersten Mal überhaupt elektronisch umgesetzt werden können.Das hat etwas Detektivisches und gleichzeitig Vorreiterfunktion“, sagtMokhareghi. Dazu komme das vielfältige Kundenspektrum: Die BRZ-Ent-wickler müssen sich in den Digital Native genauso hineinversetzen kön-nen wie in die 75-Jährige, die zum ersten Mal vor dem Computer Platznimmt.
Beide dürften bei ihren E-Government-Ausflügen schon mit der Firma A-Trust in Kontakt gekommen sein. Der Anbieter für elektronische Zertifika-te ist schon seit dem Jahr 2000 auf dem Markt und am besten für dieHandy-Signatur bekannt. Über 1,5 Millionen User haben sich mittlerweiledafür registriert, dazu kommen noch mal rund 300.000 Signaturkarten-Nutzer. „Wir unterstützen so viele Bürgerinnen und Bürger wie möglichauf ihrem Weg zur Digitalisierung“, sagt Geschäftsführer Michael Butz.„Sie hat einen großen gesellschaftlichen Mehrwert, und dies ist auch dieMotivation für unser Tun.“
Begabte Köpfe willkommen
Aber auch neue technische Entwicklungen üben eine hohe Anziehungs-kraft auf IT-Fachkräfte aus: Der große Trend zu mobilen Plattformen, diehohen Ansprüche an die Kryptografie, die ausfallssichere Infrastruktur –all das seien Aspekte, die laut Butz das Arbeiten für Signatur-Anwendun-gen so interessant mache. 30 Mitarbeiter sind bei A-Trust derzeit be-schäftigt, nach neuen Talenten wird ständig gesucht. „Wir freuen uns überjeden Interessenten, der sich bei uns meldet. Gerade beim Sicherheitsthe-ma gibt es zu wenig Fachkräfte am Arbeitsmarkt, das ist ein absolut ge-suchtes Berufsbild“, sagt Butz. Er sucht nach begabten Köpfen, deren Lei-denschaft er auf die aktuellen Herausforderungen der IT-Branche fokus-sieren will. —
Foto: ITSV
Martin Klima, Bereichsleiter fürSoftware beim IT-Dienstleisterder ÖsterreichischenSozialversicherung
„Gerade beimSicherheitsthema gibtes zu wenig Fachkräfteam Arbeitsmarkt, dasist ein absolutgesuchtes Berufsbild.“
Michael Butz, A-Trust
Foto: Getty Images/Westend61
Das digitale Amt mitgestalten:Als IT-ler erhält man imGegenzug einen sicheren Jobmit großer Relevanz für dieGesellschaft.
Foto: A-Trust
Michael Butz,Geschäftsführer beiA-Trust
Myriam Mokhareghi,Teamlead TalentAcquisition andDevelopment im BRZ
Foto: Christian Renezeder
Rahel M. Schomaker istWirtschafts- undPolitikwissenschaftlerin.An der FH Kärnten hält sieeine Professur inVolkswirtschaftslehre undVerwaltungswissenschaft.
Foto: FH Kärnten
Interview
„Datensicherheit
hat Hochkonjunktur“
Die Verwaltungsexpertin Rahel M. Schomaker stelltÖsterreich ein gutes Zeugnis in puncto E-Government aus.Für neue Arbeitsplätze sieht sie großes Potenzial.
Frau Schomaker, wie steht Österreich beim E-Government da?
Schomaker: Österreich steht jedenfalls besser da als im Fußball. Es gibtviele Faktoren, an denen sich der Fortschritt beim E-Government messenlässt – etwa die flächendeckende Durchdringung von mobilen Applikatio-nen, Ausbau der Infrastruktur, Zugang zu Services. Egal wie man es misst,Österreich ist immer ganz weit vorne dabei im europäischen Vergleich.
Warum ist der Ausbau von E-Government überhaupt sinnvoll?
Weil damit mehr Bürgerbeteiligung möglich wird und staatliche Prozessetransparenter werden. Außerdem fördert E-Government die Inklusion, in-dem sie marginalisierten Gruppen Zugang zu politischer Partizipation ge-währt, von der sie sonst ausgeschlossen wären. E-Government kann einStück weit die Nachteile ausgleichen, die die Landbevölkerung gegenüberden Städten hat.
Und was hat der Staat davon?
Ein gut funktionierendes E-Government-System ist ein wichtiges Kriteri-um der Wettbewerbsfähigkeit. Gerade in der Pandemie hat sich herausge-stellt, dass schneller Zugang zu Hilfen und Informationsverbreitung fürBürger und Unternehmen einen großen Wert darstellt. Der Staat spart sichauch Kosten bei der Kommunikation, weil viele Services nicht mehr imParteienverkehr abgewickelt werden müssen. All diese Vorteile rechtferti-gen die Investitionen in Soft- und Hardware.
Spart sich der Staat damit auch Personal?
Österreich hat im internationalen Vergleich einen unglaublich schlankenöffentlichen Dienst, da wird keine Reduktion mehr zu erwarten sein.Sicher werden einige Berufsfelder durch E-Government weniger ge-braucht – der stempelschwingende Sachbearbeiter ist am Verschwinden.Dafür öffnen sich neue Arbeitsbereiche, die erst aufgebaut werden müs-sen. Studiengänge zwischen IT und Verwaltung kommen auf. Und beson-ders Experten in der Datensicherheit haben jetzt Hochkonjunktur.