1986 trabte Heimo Rollett (links) mitseinem Bruder durch das pannonischeFeriendorf. Nun kam er wieder, um sichaußergewöhnliche Immobilien imResort und in der Umgebunganzuschauen.
Eine Reise in die Vergangenheitdes Immobilienwirtschaft-Chefredakteurs Heimo Rollett –und die Zukunft der Immobilien
Ich weinte so bitterlich, dass sich das Rot, das Schwarzund das Weiß der Cowboy-Schminke in meinem Gesichtals dreckiges kleines Rinnsal den Weg über meine Wan-gen bahnte und auf den Pferdesattel tropfte. Ich war achtJahre alt und ein Streit mit meinem Bruder kränkte michaufs Tiefste.
Keine Kavallerie hätte mich in diesem Moment voller Un-gerechtigkeit retten können. Fünf Minuten später war al-les vergessen, und ich trabte wieder gemächlich durchssteppige Burgenland des Jahres 1986 und durch das „Feri-endorf Pannonia“, wie es damals hieß. Diesen Sommerwar ich wieder dort. Ohne Tränen, dafür um die neuestenImmobilien anzuschauen. Nachdem es völlig herunterge-wirtschaftet war, hat sich das Feriendorf nach und nachzu einem modernen, nachhaltigen und in seiner Art ein-zigartigen Hideaway entwickelt. Und auch die Immobiliender Pamhagener Bauern und Betriebe rechtfertigen eineausführlichere Berichterstattung.
Nach einer guten Stunde Zugfahrt von Wien nach Wallernsteige ich also aus und atme nach 35 Jahren wieder dieLuft des burgenländischen Seewinkels ein. Dass ich inmeine Vergangenheit reise, bestätigt sich übrigens erst,als ich schon dort bin und mir der Geschäftsführer desheutigen Resorts, Joe Gelbmann, die Historie des Arealserzählt.
Noch im Jahr unseres Urlaubs brannte das Hauptgebäudeab. Ich sag’s gleich … es waren Flämmarbeiten auf einerBaustelle und keine guten Vorzeichen. Es ging bergab,1992 war der Betrieb insolvent. Reinfried Pohl, der Grün-der der (nicht unumstrittenen) Deutschen Vermögensver-waltung, und seine Frau Anneliese kauften die Liegen-schaft aus der Konkursmasse und bauten das Resort mitVision und Geld nach und nach aus, renovierten die Bun-galows etc. Das Vermögen der Familie ist in mehrerenTourismusimmobilien in Portugal (ein Fünf-Stern-Resortan der Algarve sowie Weinbau und Landwirtschaft imAlentejo), in Deutschland (drei Resorts bzw. Seedörfer)und eben in Österreich angelegt. Allein das Vila Vita Pan-nonia beschäftigt derzeit rund 250 Mitarbeiter im Jahr.Etwa 100.000 Nächtigungen sorgen für 18 Millionen EuroUmsatz. Nach dem Tod von Reinfried und Anneliese füh-ren heute die beiden Söhne das Immobilienimperium.
Ich schnappe mir eines der luxuriösen Kalkhoff-Fahrräderund drehe eine Runde durchs Dorf auf der Suche nach Er-innerungen. Das gesamte Areal ist mehr oder weniger au-tofrei, 600 Fahrräder stehen den Urlaubern zur Verfü-gung, um von A nach B zu kommen. Da der weitgezogeneStrand des Sees, brandneu ist eine Snackbar und das FineDining Restaurant Möwe daneben. Hier sollte ich späternoch Eierschwammerlcremesuppe mit Wurzelspeckstang-erl, Jakobsmuschel mit Kalbsfilet und Zitronensorbet ge-nießen – wäre mir bei meinem letzten Besuch eherwurscht gewesen. Vorbei bei der Kinderbetreuungsstati-on Villa Kunterbunt biege ich ins Herz des Dorfs ein:schilfbedeckte kleine Häuser mit Terrassen, die direkt indie großzügigen Wiesen, ins Schilf, in Spielplätze überge-hen. Charmant. Jetzt verstehe ich, warum meine Elternhierher wollten.
Verpackt in eine angenehm normale, regionale Welt gibtes ein pralles Sport- und Natur-Angebot: Fußball, Beach-volleyball, Motorikpark, Minigolf und sehr gut markierteLauf- und Radstrecken. Meine Töchter würden aktuell diemeiste Zeit bei den zehn Reitpferden, den acht Ponys, denHühnern, Hasen und Meerschweinchen verbringen.Selbst weiße Esel gibt es. Ein skurriles Bild liefern die aufdem begrünten Steildach der Tennishalle grasenden Zie-gen. Die Enten und Gänse, weiter hinten im Wald des 200Hektar großen Areals, bekommen zwei Mal in der Wochedie nicht korrekt gekrümmten Gurken und anderen Ge-müseabfall des Seewinkler Gemüsebetriebs Perlinger.Und seitdem ein pensionierter Imker im resorteigenen,1.500 Bäume umfassenden Obstgarten ein Bienenhotelaufgestellt hat, stieg der Obstertrag um 25 Prozent unddie rund 200 Kilogramm Honig können beim Frühstücks-buffet portionsweise aufs Brot geschmiert werden. Ichmuss jetzt aber zurück in meine Unterkunft – sie ist dereigentliche Grund, warum ich hier bin. Die neuen Villendirekt am See. Vorbei an dem Spielplatz, auf dem ich alsKind nach einem Starkregen in der Sandkiste den Matschgenoss wie heute Peppa Wutz. Rechts das in der Corona-Zeit neu gebaute Mitarbeiterhaus, dann der Veranstal-tungssaal, der bis zu 700 Leute fasst. Der ganzjährige Be-trieb wird stark vom MICE-Geschäft gestützt – Hochzei-ten, Firmenveranstaltungen, Tagungen. Am anderen Endedes Sees stehen die neuen Luxushäuser aufgefädelt. 20Stück nebeneinander, die Schönheit des Seriellen, dieman von innen aber gar nicht weiter mitbekommt. Auf116 Quadratmetern finden Wochenendflüchtlinge undLangzeiturlauber zwei Schlafzimmer mit Bad, eine privatefinnische Sauna, einen großzügigen Küchen-Wohn-Knotz-Ess-Bereich, alles geschmackvoll und mit regionalen Refe-renzen gekonnt eingerichtet. Der Weinkühlschrank weistauf einen lukullischen Aufenthalt hin, die überdachte Ter-rasse mit Privatsteg auf die Luxusliga. Da könnte man lo-cker vier Nächte verbringen, wenn man die 560 Euro proNacht dafür zahlen kann und will. Die Bungalows imSchilfdorf sind budgetfreundlicher.
Ein Sprung ins Wasser und mein Körper ist genug abge-kühlt, um entspannt den bereits erwähnten Geschäftsfüh-rer Gelbmann zu interviewen. Wir treffen uns in der Pan-orama Lounge, einem futuristisch anmutenden Turm, derals Landmark 25 Meter in die Höhe ragt. Der Blick vonhier oben reicht weit in die pannonische Tiefebene, Gelb-mann zeigt mir die Lange Lacke – oder wo sie sein sollte,sie ist heuer bereits ausgetrocknet. Als er erwähnt, dasswir uns gerade auf dem Dach eines Biomasse-Kraftwerksbefinden, schaue ich wohl ein wenig verdutzt. Die Panora-ma-Bar und der Aussichtsturm verdecken nämlich dieSchornsteine des Kraftwerks, so hat man aus der Not eineTugend gemacht, ähnlich wie bei dem aktuell entstehen-den Ökopark hinter den Seeresidenzen. Der durch dieVergrößerung des Sees entstandene Aushub bildet die hü-gelige Heimat für Bienen, Zauneidechsen, Schmetterlingeund zahlreiche klimaangepasste Pflanzen – ein gemeinsa-mes Projekt mit der Universität für Bodenkultur Wien.
Es braucht keinen immer größeren Wasserrutschenparkund keine Comichelden-Themen-Wanderwege, denke ichmir und erwäge ernsthaft mit meiner Familie zum Urlau-ben wiederzukommen. Meine Töchter lieben es, zu reiten,die eine mag auch das Schminken. Also was kann schonschiefgehen? Sogar ein Streit unter Geschwistern kannirgendwann zur schönen Erinnerung werden.
Weniger was fürs Auge – mehr etwas für denTeller. In diese Produktionsimmobilie inPamhagen – Österreichs einzigeZanderzuchtanlage – darf weder Chemie nochAntibiotikum rein. Auch Besucher dürfen, wennüberhaupt, nur in die Vorräume, die eherpragmatisch ausgestaltet sind. Viel wichtigerist, was aus der Anlage dahinter rauskommt:30.000 Fische pro Jahr.
Selbst die Häuser von damals stehennoch. Sie wurden vom neuenEigentümer, der vermögendendeutschen Familie Pohl, saniert undbilden nach wie vor den Kern desnachhaltigen Feriendorfs.
Manche Lehmmauern in dem Neubausind fünf Meter dick und sorgen so fürdas richtige Klima.
AnthroposophischerNeubau
In Pamhagen betreibt die Familie Michlits un-ter dem Namen „Meinklang“ einen landwirt-schaftlichen Betrieb mit Tieren, Gemüse und(seit 2003 im Mittelpunkt) Wein. Seit über 30Jahren wird er nach den Bio-Regeln, seit gut20 Jahren als Demeter-Hof geführt. Nun ha-ben die Michlits einen beeindruckenden Neu-bau hingestellt. Auf rund 8.000 Quadratme-tern werden die Produkte angeliefert, gelagert,verarbeitet und verkostet. Beton wurde nurdort verbaut, wo unbedingt nötig, da dafür mitBetonkernaktivierung. Sonst kommen Holzrie-gelbauweise mit Hanfdämmung, Glasschaum-schotter und Stampflehmboden zum Einsatz.Der Lehm stammt aus dem Nachbarort, derStein aus einem Steinbruch in der Umgebung.Werner Michlits erwähnt im Gespräch außer-dem, dass man stolz sei, im ganzen Bau nurein Kilo Styropor verwendet zu haben.
Da stehen sie aufgefädelt am Ufer:Die neueste Entwicklung desResorts sind 20 Luxusbleiben mitPrivatsteg, eigener Sauna undkomfortablen Fahrrädern.
Unweit vom Meinklang-Demeterhof finden sichsatte 12 Hektar Anbaufläche für Paprika – alleunter einem lang gezogenen Glashaus. Dankeines eigenen Blockheizkraftwerks wird hierdas ganze Jahr sehr clever ausgesprochenguter Paprika gezüchtet. Das anfallende CO2wird zur Düngung der Pflanzen verwendet, dieÜberproduktion an Strom wird ins Netzeingespeist. Auch überschüssiges Gießwasserwird gesammelt, wegen möglicher Bakterienerhitzt und gemeinsam mit dem Regenwasser(Auffangbecken über die gesamteArealsfläche) wiederverwendet.